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Morgenevent «KMU-Cybergefahren»

«Achten Sie auf Ihre Passwörter.» Das sagt Otto Hostettler, «Beobachter»-Redaktor und Darknet-Experte in seinem Referat am Morgenevent des Weinfelder Gewerbevereins. Eine Ermahnung zum Schutz von heiklen Daten. Vorstandsmitglied Sabina Quinz fügt an: «Hoffen wir, dass das Internet sicherer wird.» Hostettler schüttelt den Kopf und sagt: «Nein.»

Otto Hostettler hat über 30 Jahre Erfahrung im Journalismus und er arbeitet seit 2007 als Redaktor beim «Beobachter». Der 56-jährige Experte ist Mitbegründer des Schweizer Recherchenetzwerks investigativ.ch und auch Buchautor von «Underground Economy – Wie Cyberkriminelle Wirtschaft und Staaten bedrohen». Das Buch erschien im Mai 2022.

Am Dienstag, 12. September referiert Otto Hostettler vor rund 35 Gewerblern in den Räumen der Technischen Betriebe Weinfelden. Franz Koller, Generalagent die Mobiliar Weinfelden betont: «Jeder von uns kann von einem Hackerangriff betroffen sein.» Der Referent greift dann auch das Thema Versicherung auf. «Vieles bleibt ungewiss.»

 

Was Darknet bedeutet, erklärt Hostettler zuerst. Es sei derjenige Bereich des Internets, der eine andere URL-Struktur hat und der Domain-Name mit «.onion» endet. Das heisst, diese Seite kann nur mit einem Browser aufgerufen werden, der jegliche Informationen zum Standort verschleiert. Man kann nur mit einem anonymisierten Browser die Onion-Seite aufrufen. Dieser Bereich des Internets ist also anonym. Journalisten recherchieren hier über heikle Themen. Doch im Darknet tummeln sich Hackerbanden mit kriminellen Laufbahnen, die Firmen erpressen, Lösegelder aus der Tasche ziehen. Die Rede sei von Milliardenbeträgen. Es gebe verschiedene Bereiche des Darknets, legale und illegale.

Die Angriffe würden gar immer aggressiver, zeigte Hostettler Folien mit bekannten Firmennamen. Erpresser verlangten immer höhere Summen und schrecken nicht mehr davor zurück, Hardware und Produktionsprozesse von Unternehmen zu manipulieren, lahmzulegen oder gar zu zerstören. In Hostettlers Recherchen gebe es zahlreiche Unbelehrbare: Firmen, die auf seine Hinweise nicht einmal reagieren und Rückmeldung geben. Er sagt: «Noch immer gehen zu viele zu oberflächlich mit der Thematik um.» Die Daten, die im Internet sichtbar sind, reichen weit. Von persönlichen Kontoangaben, bis zu Krankenakten, Geburtsdatum und alles offengelegt. Hostettler spricht von einer grossen Lücke im Gesundheitswesen. Zahlreich sind Schweizer Spitäler und Hausarztpraxen von Hackerangriffen betroffen. Die logische Frage sei dann, was mit «unseren» Akten passiert.

Hostettler spricht auf seiner täglichen Suche nach Lecks mit Cybercrime-Ermittlern und zeigt, vor welchen oftmals existenziellen Problemen gehackte Unternehmen stehen und wie einfach Cyberkriminelle im Untergrund ihre illegalen Infrastrukturen und Businessmodelle am Laufen halten. «Die Entwicklung der Hackerszene ist ein Grund zur Sorge», sagte Hostettler weiter. Tagtäglich versuchen weltweit Unbekannte in Firmennetzwerke einzudringen, Daten abzusaugen, Schadprogramme zu installieren, Server lahmzulegen. Kaum ein Unternehmen hat noch keine Erfahrungen mit Hackern.

Das Darknet – ein Rückgrat für Kriminelle in einer digitalisierten Welt? In diesem Untergrund des Internets finden sich auf anonymen Marktplätzen jede Menge gefälschter Medikamente, Drogen, Waffen, gehackte Kreditkarten und kinderpornografisches Material.

Eine Frage aus dem Publikum, wie sicher sich Hostettler als Experte fühle? beantwortet er: «Ich decke mutig auf.» Er kenne aber auch Vorsichtsmassnahmen im Umgang mit dem Handy, das er auch schon in ein Schliessfach sperrte.

Der moderne Kriminelle finde Hacker, die jeden Wunsch erfüllen und sich in einschlägigen Foren bewegen und Zugangsdaten zu ganzen Industrieanlagen kaufen. Deshalb ist Hostettler Rat: «Überlegen Sie gut die Wahl Ihrer Passwörter.» Mehr kann man nicht tun. Sicher sei niemand und Hostettler warnt: «Nicht einmal IT-Spezialisten kennen die wirklichen Gefahren!»

Text: Manuela Olgiati, Weinfelder Anzeiger